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Sprints – die vergessene Übung

veröffentlicht am 10.07.2020

Fight or flight – schnell und technisch korrekt laufen

Eine maximale Geschwindigkeit kann man nur erreichen, wenn man über den Fußballen abrollt und direkt wieder abdrückt. Daher stellen die Sportler – anders als beim Joggen – automatisch auf einen Fußballenlauf um, selbst wenn sie gedämpfte Schuhe tragen. Schnell rennen zu können stellt eine der grundlegendsten Fähigkeiten des Menschen dar und war im Laufe der Evolution für uns von großer Bedeutung (Stichwort „fight or flight“). Auch im heutigen Alltag fallen einem sicher diverse (Not-)Situationen ein, in denen dies von Vorteil sein kann – und wenn es nur das Erreichen des Busses ist. Selbstverständlich stellt es zudem eine athletische Grundvoraussetzung für eine Vielzahl von Sportarten dar. Umso mehr überrascht es mich immer wieder zu sehen, dass ein beträchtlicher Anteil der Fitnesstrainer in meinen Fortbildungen hier große Defizite aufweist. Ein Grund dafür ist sicherlich, dass die gewohnte Trainingsumgebung nicht die Möglichkeit dazu bietet und man gerne in seinen Routinen bleibt. Wer nicht selbst einen Trainings-Background in bestimmten Sportarten und seine Wurzeln eher in einem Fitnessstudio hat, der hat oft nie gelernt, technisch sauber zu sprinten. Fitnessguru Martin Rooney bezeichnete Sprints daher einmal treffend als „the forgotten exercise“. Doch wie funktionell kann unser Training sein, wenn wir diese elementare athletische Fähigkeit vernachlässigen? Diese Frage stellt sich sowohl in Bezug auf uns selbst als auch in Bezug auf unsere Klienten.

Sprinten muss gelernt sein – wie macht man es richtig?

Grundvoraussetzung ist selbstredend ein umfangreiches Warm-up mit Laufschuleinheiten und einigen Steigerungsläufen, um das Risiko für mögliche Zerrungen oder gar Muskelfaserrisse zu minimieren. Seine Klienten sollte man auch insgesamt langsam an Sprints heranführen und ein genaues Augenmerk auf die Entwicklung der Technik legen. Der starke Armeinsatz und der hohe Kniehub stellen zwei Kernpunkte der Technik dar, die zu Beginn oft noch gar nicht richtig ausgeführt werden können. Laufschulübungen helfen somit, das neue gewünschte Bewegungsprogramm einzuüben. Dazu können die Muskeln und Gelenke schrittweise an die sehr hohe Belastung herangeführt werden, die beim Sprinten auf den Bewegungsapparat einwirkt. Je nach Voraussetzungen des Klienten kann ein wochenlanges, wenn nicht sogar monatelanges Herantasten an die maximale Sprintgeschwindigkeit sinnvoll sein. Bei Übergewicht und einer Vorgeschichte mit relevanten Verletzungen ist davon womöglich ganz abzuraten und es gilt der Spruch: Don‘t run to get fit, get fit to run!

Sprints – die härteste Bodyweight-Übung der Welt

Sprints sind durch eine extrem hohe Intensität charakterisiert. Alle Extremitäten samt dem stabilisierenden Rumpf stehen unter Vollspannung und die Bewegung muss mit maximalem Einsatz und Willen angetrieben werden. Ich bezeichne sie gerne als „die härteste Bodyweight-Übung der Welt“. Sprints eignen sich daher sehr gut für ein klassisches High Intensity Interval Training (HIIT). Bei einem reinen Lauftraining können sich hier kurze Sprintstrecken mit lockerem Traben abwechseln. Denkbar wäre ein Sprint im Bereich von 8 bis 20 Sekunden (wobei es sich bei 20 Sekunden in aller Regel nicht mehr um einen Sprint mit maximaler Intensität handelt) und ein anschließendes Traben bzw. lockeres Joggen von 70 bis 90 Sekunden als aktive Erholung bei insgesamt sechs bis acht Sätzen. Hierbei kann ein Pulsmessgerät sehr sinnvoll sein, um zu erkennen, wie schnell sich der Körper beim Traben von der höchsten Intensität erholen kann. Die Regenerationsfähigkeit von hochintensiven Belastungen zählt unweigerlich zu den wichtigsten Markern für Fitness und wird durch ein Sprintintervalltraining sehr schnell gefördert. Erstaunlich ist zudem, wie gut die kardiovaskuläre Leistungsfähigkeit insgesamt in einer relativ kurzen Zeit (Hauptteil 11 bis 15 Minuten) effektiv trainiert werden kann. Um einen ähnlichen Effekt mit konstant moderater Intensität (also „Joggen“) erzielen zu können, müsste man ein Vielfaches an Zeit investieren. Aufgrund seiner Effizienz eignet sich ein Sprintintervalltraining also perfekt für eine bewegte Mittagspause – und damit auch zum Vitamin-D-Tanken unter Sonneneinwirkung.

„Hurricane Workout“ – eine abwechslungsreiche Sprintalternative

Doch es muss kein reines Lauftraining sein, um Sprints sinnbringend in sein Training zu integrieren. Hier hat sich das sogenannte Hurricane Workout von Martin Rooney, der früher übrigens ein Zentrum für Schnelligkeitstraining geleitet hat, etabliert. Hierbei kombiniert man zwei kurze Sprints (hin und zurück; Strecke abgesteckt) mit zwei Übungen, die Rumpf- und/oder Oberkörper-kraftbetont sind. Diese stellen den Teil der aktiven Erholung dar und sind daher nicht allzu anspruchsvoll zu wählen auch hinsichtlich der Belastungszeit. Im Einzeltraining können die Übungen durch eine bestimmte Wiederholungszahl begrenzt sein. Bei Teamtrainings wird die Trainingszeit in den Übungen durch die Zeit festgelegt, die der Sprinter hin und zurück benötigt: Die Sprinter lösen die Personen an Übung A ab, die wiederum zu Übung B weiterwechseln. Die Trainierenden an Übung B werden danach zu den Sprintern usw. Nach drei kompletten Durchläufen ist eine „Hurricane“-Runde beendet und man kann ca. zwei Minuten pausieren. Drei Runden ergeben bereits ein kompaktes, intensives Workout mit insgesamt 18 kurzen Sprints (pro Runde dreimal hin und zurück). Beispiele für die Übungen sind Side- und Front-Plank-Varianten, Bridging, Hollow Rocks, Ruderzüge, Liegestütze etc. Von intensiven Beinübungen wie Kniebeugen oder Ausfallschritten ist abzusehen, da sich diese mit den Sprints „beißen“. Zwischen den Übungen liegt eigentlich keine Pause; einzig nach dem ersten Sprint kann man kurz innehalten, um sich neu zu fokussieren. Zum Schluss möchte ich noch darauf hinweisen, dass ein Sprinttraining aufgrund der extremen muskulären Belastung eine längere Regenerationsphase nach sich zieht als die meisten anderen Workouts. Gerade wenn man ansonsten selten sprintet, ist mit einem Muskelkater von mehreren Tagen zu rechnen; das sollte man in der Wochenplanung beachten.

Ich hoffe, dieser Artikel konnte deinen Horizont in puncto Sprinttraining etwas erweitern und dich dazu motivieren, etwas Neues auszuprobieren! Abschließend möchte ich noch einmal daran erinnern, der Vorbereitung (Warm-up wie auch Technik) besonders viel Beachtung zu schenken. Und wer weiß, vielleicht wird das Sprinten am Ende sogar zum Dauerbrenner in deinem Trainingsregime. Es wird dich bzw. deinen Klienten in jedem Fall zu einem besseren Athleten und – ich möchte sogar behaupten – zu einem funktionelleren Menschen machen.

Quelle: FUNCTIONAL TRAINING

Autor: Hanjo Fritzsche

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